1 x Kattegat + 2 x Skagerrak = 3 x Nebel

1 x Kattegat + 2 x Skagerrak = 3 x Nebel

Anholt – Laesö – Hirtshals – Kristiansand

Endlich segeln! Von Anholt 50 sm nach Laesö liegen vor uns. Perfekter raumer Wind mit 15 – 25 kn. Wir grinsen uns wortlos an. Darauf haben wir gewartet. Okay, alles kann man nicht haben, der Wind nimmt zu. 3.Reff, Genua halb weggerollt, und immer noch gut 7 kn Fahrt. Gegen Abend setzt Regen ein und wir legen – etwas erschöpft – bei waagerechten Schauern in Laesö an. Hier kriegt mich abends kein Hund mehr vor die Tür. Keine Ahnung, was wir hier verpassen. Aber nach Kopenhagen kann eigentlich nicht mehr viel kommen im Königreich Dänemark.

.

.

Das Wetter wird am nächsten Morgen nicht einladender und wir bleiben bei unserem Vorhaben, weiter nach Hirtshals zu fahren. Es sollte sich herausstellen, dass wir nach zarten Segelversuchen aufgrund von Windarmut wieder den Motor bemühen müssen und die Einfahrt ins Skagerrak um Skagen herum bis nach Hirtshals nur auf dem Plotter verfolgen können, da dickster Nebel herrscht. Die Luft ist so nass, dass man sich die Hände darin waschen könnte. Anke geht zwar Ausguck, aber wir verlassen uns notgedrungen aufs AIS und darauf, dass in zivilisierter skandinavischer hightec-Gegend alle Boote mit gleicher Technik ausgestattet sind. Das stundenlange Stieren und Starren in das umgebende Grau, in dem Wasser und Himmel verschmelzen, ruft kuriose Sinnestäuschungen hervor, ganz ohne halluzinogene Substanzen. Glaubhaft erscheinen einem noch Walbuckel und anderes Meeresgetier, es tauchen aber auch Häuserfronten auf, eine Elefantenherde, undeutbare Gebilde wie aus „Madmax“, die einem plötzlich entgegenkommen und unterm Boot verschwinden. Sehr anregend. Das Nebelhorn bläst sich wieder warm (danke Atze!). Nur der kleine dänische Fischer ist „oldschool“ unterwegs, der liebt das Risiko, der hornt nicht und sendet erst recht nicht, und taucht plötzlich ganz real neben uns auf. Okay, daran werden wir uns gewöhnen müssen.

.

.

Hirtshals ist ein kleines, etwas trauriges Kaff. Im großen Fischerei- und Fährhafen arbeiten sicher mehr Leute, als es Einwohner hat. Im Gästehafen wird noch von Hand kassiert und das hier seltene (aber teure) Hafengeld in die Kaffeedose eingesammelt. Wir sind nicht nur der einzige Segler, wir sind auch die einzigen Gäste. Langweilig wird es jedoch nicht. In Vorbereitung auf eine Umweltveranstaltung namens „Clean Denmark“ wird heftig gezimmert und präpariert, Zelte aufgebaut und die U2-Coverband probt für den Abend. Und wäre ich nicht sicher, im Hafen zu liegen, hielte ich den lebensgroßen Elefanten zwischen den Zelten an der Pier für eine Nebel-Fata-Morgana. Gegenüber am langen Fischerkai säuft unterdessen ein betagtes Fischerboot ab und versieht – ironischerweise – das Hafenbecken mit großflächig schillernden Ölschlieren. Die hastige Bergung mit Taucher und 80t-Kran zieht neben grimmig blickender Hafenbehörde `ne Menge Schaulustige vom Umweltevent ab.

.

.

Wir stehen tatsächlich um halb 5 auf. Wir wollen endlich nach Norwegen. Noch keine Meile auf See: Nebel! Den haben wir offenbar gebucht. Nach 10 Stunden Motorfahrt entlang der Schnellfährenlinie durch bleiernen Nebel kann ich den Halluzinationen und Nebelhornduetten auch nicht mehr viel abgewinnen. Etwas Trost spendet die Nordseewelle, die wesentlich länger und verträglicher als die hackende Ostseewelle ist.  Der Windfinder hält jedoch Wort und am Nachmittag verbläst aufziehender Wind die Schwaden und beschenkt uns für 3 Stunden mit Sonne und Schärenküste wie im Bilderbuch und ein paar Stunden „Petertraining“ mit 6 kn Fahrt, um uns zum Ende der Überfahrt nach Kristiansand wieder schlagartig mit dichtem Dunst zu überziehen, der sich erst im Fjord unmittelbar vor dem Anlegen wieder auflöst.

.

.

Wir sind etwa vor 4 Wochen in Leipzig aufgebrochen. Beim Gläschen Rotspon fällt uns auf, dass erst jetzt allmählich real wird, dass unsere Urlaubszeit nicht zu Ende geht, sondern erst beginnt. Der Druck der letzten Monate weicht langsam. Wir freunden uns besser mit FreiKerl und seinen Eigenheiten an, bekommen mehr Sicherheit. Uns fällt ein kleines Glücksgefühl an, vermischt mit Dankbarkeit, dass dieses Abenteuer möglich geworden ist. Dänemark war noch notwendige Etappe auf dem Weg. Norwegen erscheint uns als eigentlicher Beginn unserer großen Reise. Wir sitzen zufrieden, leicht im Schwell schaukelnd, in FreiKerls gemütlichem Salon und freuen uns einfach.

Liebe Grüße an alle, die uns hier begleiten und danke für die Kommentare!

.

Galerie Kristiansand

Tags: Keine tags

2 Responses

Leave A Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *