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Westfjorde Landausflug

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Die Westfjorde sehen auf der Karte aus wie ein vielfingriges Blatt einer Monstera mit Schüttelfrost, eine riesige Halbinsel, die ringsherum von mehr als 20 Fjorden eingeschnitten ist, und man mäandert entlang der an den Küstenlinien verlaufenden Straßen. Ankes Landkurs ist so gelegt, dass täglich ein möglichst idyllischer hot pot, möglichst gegen Abend zu erreichen, am Wegesrand liegt. Über die Ortschaften, die oft nur aus wenigen Gebäuden oder einzelnen Höfen bestehen, lässt sich nicht viel berichten. Geschichtlich gesehen ging es den Isen schlicht ums alljährliche überleben und es herrschte purer Pragmatismus, um sich der Witterungsunbilden zu erwehren und Vieh und Gefolgschaft über den nächsten Winter zu bringen. Diese Reduktion auf das Lebensnotwendige ist bis heute besonders sichtbar in der Gestaltung und Anlage der Häuser und Gehöfte, der notwendigen Gerätschaften, Maschinen und Fahrzeuge. Abgesehen davon, dass es kaum Spuren aus der ohnehin relativ jungen Vergangenheit des isländischen Volkes gibt, da sie Wind und Wetter oder Feuer, Lava  oder Erdbeben zerstört haben, sind die derzeitigen Gebäude nach wie vor überwiegend schmucklos und schlicht, aber praktisch. Wir können uns also weiterhin der beeindruckenden und alles beherrschenden Natur hingeben, ohne Gefahr zu laufen, architektonische oder kulturelle Höhepunkte zu verpassen. Die Tour entlang der Fjordküsten ist, wie nicht anders zu erwarten war, großartig und noch immer entwischt uns hinter jeder zweiten Felsnase oder Bergkuppe das bereits wohlbekannte: krass!  Die weitläufige Dünenlandschaft mit karibischem Sandstrand im Patreksfjordur findet überraschender Weise keine Erwähnung im Reisführer, was unsere Überraschung noch steigert. Der pragmatische Ise hat dort mangels sonstiger geeigneter ebener Flächen durch dieses exotische landschaftliche Juwel kurzerhand eine Landebahn asphaltiert und 2 Container als Wartehäuschen und Tower in die Düne gesetzt. Nix ist abgesperrt oder befeuert und alles sieht so aus, als würde der Naturfrieden hier weiterhin gewahrt bleiben. Die Düne wird sich die Landebahn schon bald einverleiben.

Die majestätische Landschaft im Wechsel von Wasser und Bergen behält erwartungsgemäß auch auf diesem 3-Tages-Landtrip die Krone obenauf, Ankes ausgewählte Heißwassertöpfchen unter freiem Himmel mit grandiosen Aussichten gibt’s an den jeweiligen Abenden gewissermaßen als Dessert, als Sahnehäubchen. (Für ehrlich Interessierte würden wir die Tipps zu den besten Pots preisgeben.)

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Dass man in dieser rauen Gegend eine Oase in Form eines äußerst liebevoll angelegten und gepflegten alten Ziergartens finden kann, ist eine weitere Überraschung für uns. Ein Pfarrer wollte hier vor 110 Jahren den Einheimischen beweisen, dass man außer Wiesen fürs Viehfutter auch Blumen und Obstbäume und -sträucher kultivieren kann. Allerdings blieb dieser agrarkulturelle Feldversuch m.W. einzigartig.

Der Skipperin verschafften die sonnenbadenden Robben auf den verschlickten, bei Niedrigwasser freiliegenden Steinfeldern noch eine kleine Genugtuung, da wir nach den vielen Meilen durch die nordatlantischen Gewässer bei so seltenen Begegnungen mit Vertretern der angeblich zahlreichen  Meeressäugern zur Überzeugung gelangten, dass diese uns weiträumig umschwimmen, womöglich als ihre Revanche auf unser Beisein am Grindadràp, dem Grindwalfang auf den Färöern.

Der Landausflug mit den Blicken von oben und auf die Fjorde war eine gelungene Ergänzung zu unserer sonstigen Sicht vom Meeresspiegel aus. Das Wetter war wieder prächtig, die Scheibenwischer nur im Einsatz, um den Staub der Schotterpisten von der Frontscheibe zu wischen. Die Kosten für die Übernachtungen am Wegesrand verbuchen wir unter: Tränen abwischen, schütteln, und durch! Aber es gab einmal selbstgesuchte Blaubeeren zum Frühstück, inklusive. Dann passt es wieder….

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Zurück in Isafjordur sind wir nun allein, alle „Freunde“ sind aufgebrochen, nach Grönland. Wir lümmeln noch einen Tag herum und erwarten die Jule aus dem Killi, Livias liebe Freundin. Das verrückte Huhn ist für 5 Monate in Nordeuropa mit dem Fahrrad unterwegs! Und so weilt sie für 2 Wochen auch in Island, nicht nur um sich auf schmalen Straßen über die Berge zu quälen, nein, auch um an einem Schlammfussballturnier teilzunehmen, welches ausgerechnet hier in Isafjord zu dieser Zeit stattfindet. Wir verbringen einen heiteren und zunehmend angeheiterten Abend, vertreiben ihr vorübergehend das Heimweh und freuen uns, dass sich für ein paar Stunden ein wenig so etwas wie „Heimatgefühl“ eingestellt hat.

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Doch nun müssen wir auch weiter. Nächster Stop: Olafsvik auf der Snæfellsnes-Halbinsel, 120 sm über den großen Breidafjordur, gen Süden.

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Galerie 29.7.2017

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Galerie 30.7.2017

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Galerie 31.7.2017

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