Sonne, Pulpo, dulce vida

Sonne, Pulpo, dulce vida

A Coruna und Santiago de Compostela

Sie können nicht nur Sonne und Fußball, sie können exzellenten Kaffee, erstklassigen Schinken, großartigen Käse, Pfirsiche wie aus dem Garten, Tomaten, die wie Tomaten schmecken und köstlichen Wein in jeder Farbe. Dulce vida!

Wir hatten überhaupt keine Vorstellung von A Coruna. Es ist halt der Punkt, an dem man nach Überquerung der Biskaya ankommt. Ja, wir wissen auch, es ist die Hauptstadt Galiciens, ganz im Nordwesten Spaniens. Aber A Coruna ist lebens- und liebenswert, hat sympathische, freundliche und wohl gelaunte Bewohner, ist lebensfroh, angenehm normal, überraschend untouristisch, und gefühlt kommt auf je 10 der etwa 250 000 Einwohner ein Café. In den Cafés und Tavernen, auch in denen, von denen wir anfänglich annehmen, dass sie aufgrund exponierter Lage am Hafen, oder an den schönen und arkadengesäumten Plazas oder in den schmalen, kühlen Altstadtgassen eher touristisch geprägt sind, sitzen jedoch die Einheimischen, schwatzen lebhaft, lassen sich schon vor der Siesta ein frisch gezapftes Estrella oder einen hellen Vino de la Casa, sowie Tapas und leichte Raciones munden, und das alles zu erfreulich niedrigen Preisen. Die Siesta unterbricht das muntere Treiben in den Restaurants und den Geschäften und uns fällt es nicht schwer, diesen Tagesrhythmus anzunehmen. Am Abend erwacht das Leben wieder und erfüllt die Straßen und Plätze und wiederum die unzähligen Restaurants, Bars und Cafés.

Unsere mitten in der Stadt liegende königliche Marina ist die ideale Basis für kleine Einkäufe und spontane Stadtbesuche. Die königliche Marina verfügt natürlich auch über eine entsprechend ansehnliche Villa mitten im Hafen als Hauptquartier für den Real Club Nautico, inklusive schickem Restaurant mit Seeterrasse. Die Speisekarte am Eingang lässt uns das Wasser im trockenen Munde zusammenlaufen, die Preise sind überraschend moderat. Allerdings riecht alles stark nach „dresscode“. Im Entree fängt uns entgegeneilend der goldlivrierte Portier ab, mustert mit irritiertem Blick meine kurzen Hosen und Zehen trennende Badeschlappen. Offenbar weiß er nicht recht, wie er Besucher in so unwürdigem Aufzug angemessen königlich hinauskomplimentieren soll und so erbarme ich mich und frage, ob der Zutritt etwa “ for members only“ sei. Den Vorschlag nimmt er dankbar dreinschauend und beflissen nickend an. (Anke, im luftigen Sommerkleidchen hätte er gern willkommen geheißen). Aber Krawatte und Bügelfalte sind mit einem „member of FreiKerl“ wirklich nicht vereinbar.

Dank unserer Falträder sind wir ja auch mobil und können ausgedehntere Ausflüge in der Stadt unternehmen. (Wenn auch etwas sperriger als die gängigen, ganz kleinen Falträder lieben wir die Dinger, da sie sich als vollwertige, äußerst robuste Räder, auch für längere Fahrten erwiesen haben. Danke an den Hersteller Fa. Bernds und nochmals an die edlen Spender!)

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Der antike Torre der Hercules, der älteste aktive Leuchtturm der Welt, der ursprünglich von den Römern vor 2000 Jahren erbaut wurde, ist natürlich ein „must see“, und bietet uns bei bestem Wetter einen grandiosen Ausblick auf die Stadt und die raue Felsküste Nordspaniens. Der Atlantik sieht friedlich und sanft aus, aber die lange Dünung donnert mit unglaublicher Kraft und Getöse und imposanten Brechern, die im wirbelnden Wasser faszinierende Formen und Farben von leuchtend weiß über alle Türkistöne zu tiefem Nachtblau hervorbringen, auf die Felsen. Stundenlang sitzen wir gebannt auf den Klippen unterm Leuchtturm. Leider kann auch der ausgedehnteste Fotoflash diese Bilder nicht einfangen.

Allmählich werden wir eines besonderen Luxus‘ bewusst: der uns unterschwellig begleitende Zeitdruck ist weg. Trotz aller Entspanntheit geisterte doch immer in unseren Hinterköpfen, dass wir nicht zu spät da oder dort loskommen sollten und letztlich die Biskaya möglichst noch bis Ende September queren sollten. Und jetzt haben wir wirklich Zeit. Es ist ziemlich egal, wie lange wir bis an die Algarve brauchen, oder nach Marokko. Vor dem Hintergrund unserer neuen „Zeitrechnung“ lassen wir uns eben Zeit, schlafen aus, bis die Sonne uns weckt, lungern in Parks herum, schlürfen den ausnahmslos und überall guten Kaffee, probieren uns an den Schinkenständen durch unzählige Sorten, lümmeln am Stadtstrand in der Abendsonne und gönnen den käsigen Nordbeinen und -bäuchen einen ersten Hauch ultravioletter Strahlung.

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Obligatorisch ist auch ein Besuch im nahegelegenen Santiago de Compostela, dass von hier aus per Bahn in einer halben Stunde einfach zu erreichen ist. Hier läuft natürlich das Touristenprogramm auf Hochtouren, ganz im Zeichen des Heiligen Jakob. Die „finisher“ unter den Pilgern mit der Muschel liegen kreuz und quer verstreut auf dem Platz vor der berühmten Kathedrale, kühlen ihre blasenpflasterbepflasterten Füße und lassen die schief getretenen Wanderschuhe auslüften. Allerdings erwartet sie nicht nur der Jakob in Gold zu einer Umarmung (nach 20-minütigem Schlange stehen in der Kathedrale), sondern auch genervte Bedienung und doppelte Preise, als sonst in der Gegend üblich. Aber wie es eben so ist, gesehen haben muss man es, und es gibt wirklich viele schöne Plätze und Gassen und historische Gemäuer. Vielleicht waren wir aber nur zu lange weit ab „vom Schuss“, jedenfalls hatten wir schnell Sehnsucht nach unserer Arche.

Im Hafen uns gegenüber liegt die deutsche „Piccolina“, (angesichts von stolzen 42 Fuß ein etwas koketter Name). Steffi und Rolf aus Ulm haben ihre Zelte in Deutschland abgebrochen und sind nun unterwegs, einfach unterwegs, so lange es geht, das Geld reicht und Spaß macht. Da kommt bei uns beinahe Neid auf, aber nur beinahe. Jedenfalls ging es ganz schnell festzustellen, dass wir ähnlich ticken, die Chemie stimmt, und die gemeinsamen Abende außerordentlich vergnüglich sind. „Wir kommen mal für `ne halbe Stunde“ endete regelmäßig weit nach Mitternacht. Es war auch nicht sonderlich schwer, uns zu einem Besuch ihrer Stamm-Pulperia zu überreden, in der es tatsächlich nur Pulpo gibt. Vor einem Jahr hätte ich noch Haus und Hof verwettet, dass ich niemals Tintenfische, geschweige denn ganze Fangarme verzehren würde, und das noch mit Genuss. Ich erschrecke vor mir selbst! (und bin froh, nicht gewettet zu haben.) Anke mochte sich allerdings trotz guten Willens für das Gefühl der Saugnäpfe an Zunge und Gaumen nicht restlos begeistern.

Die Piccolina wird A Coruña zufällig am selben Tag verlassen, und wir werden sie öfter, nicht nur in der nächsten Bucht, wiedersehen.

Natürlich geht selbst auf unserem Boot mal etwas kaputt. Die Reparatur des Dampferlichts, das während der Biskayaüberquerung erloschen ist, wurde schlicht mittels Erneuerung des Leuchtmittels, wozu ich allerdings mal wieder in den Mast musste, schnell erledigt. Im Spielzeugladen für Bootsfahrer erstand ich auch noch eine Edelstahlgewindestange für die anstehende Reparatur der Ruderdollen des Dinghis.

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Doch wir merken, dass uns bei den vielen Landgängen allmählich die Seebeine verkümmern und vermissen das „freikerlige“ Geschaukel. Nach 10 wunderbaren Tagen in A Coruña freuen wir uns nun, wieder raus auf See und in die Rias, die ausgedehnten, fjordartigen Buchten an der Nordwest- und Westküste zu kommen. Stille Ankerbuchten vor Sandstränden und beschaulichen Dörfchen warten auf uns. Der nächste Schlag von etwa 50 sm soll uns in die Ria de Camarinas bringen.

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Galerie A Coruna 1:

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Galerie A Coruna 2:

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Galerie Santiago de Compostella:

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