Eineinhalb Jahre später sind wir wieder hier, im schönen lauschigen Häfchen an Menorcas Westküste. Wir treten in unsere alten Spuren. Alles kommt uns vertraut vor.
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Aber wir warten eigentlich nur auf den Bring-uns-nach-Mahon-ans-andere-Inselende-Wind, und brechen vier Tage später auf. Die Winde entpuppen sich als unstet. Das Manöverprogramm wechselt zwischen Segel heißen, mehrfachem Reffen und Ausreffen, ausbaumen und Baum rein, sowie Segel bergen und Motorfahrt. Nicht nur um die Liegekosten erträglich zu halten, entschließen wir uns, in der wunderbar geschützten Ankerbucht Cala Teulera, gleich rechts hinter der Einfahrt zu der tiefen Naturhafenbucht von Mahon, unmittelbar unterhalb der gigantischen Festung La Mola den Anker zu werfen. Es ist ein wunderschöner Flecken. Da wir hinsichtlich Tender im letzten Jahr erfolgreich aufgerüstet haben (10 PS statt 4 PS hängen an dem neuen Zodiac mit festem Alu-Boden!), können wir nun die zwei Meilen Distanz bis in die City nicht nur schnell über die Wellen gleitend, sondern auch mit entsprechendem Spaß überbrücken.
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Wir binden das Dinghi an den Steg gegenüber unserem Lieblingsitaliener Pappa e Ciccia. Nun fühlt es sich endgültig wie Heimaturlaub an. Wir stehen vor der offenen Restauranttür und drinnen bricht – trotz einiger Gäste – ein gewaltiges Geschrei los, und Paolo und Michela fallen über uns her, als kämen wir vom Mars. Offenbar war es auch für sie eine besondere Zeit, in der wir meist die einzigen Besucher waren und unendlich viel Zeit zum Palavern hatten, obwohl wir die sprachlichen Hürden nur ansatzweise überbrücken konnten. Nicht minder herzlich, wenn auch nicht so innig, werden wir von Xec in unserem Lieblingsseglerspielzeugladen begrüßt und auch gleich herüber in die Turistinformation geschickt, in der seine Frau Suzanna arbeitet und uns ein halbes Jahr mit Aufgaben zur Inselerkundung versorgt hat. Vermutlich waren wir auch bei denen die einzigen Gäste.
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Und es doch verrückt: Chris und Cathy aus Addaya, unsere alten britischen Stegnachbarn müssen es gerochen haben. Wo seid ihr? In Mahon? Warum nicht in Addaya? Wir hatten es eigentlich nicht auf dem Plan, wollten in Menorca nur kurz anschlagen und dann endlich weiter ostwärts nach Sardinien. Aber nun muss es sein. Wir fahren nochmal ein paar Meilen klopfenden Herzens westwärts in unseren geliebten Winterfjord Addaya. Haha! Chris hat offensichtlich geplaudert. Marie (die geschwätzigere Hälfte des Hafenmeisterinnenpaares Marie&Juana) und Xavi (unser Lieblingsmarinero, der mit der Schweißerbrille und dem kleinen Terrier mit den Rastazöpfen) empfangen uns strahlend am Hammerkopf des Pontons und helfen beim kniffligen Anlegemanöver gegen 15 Knoten Wind an nur 10 kurzen Metern freier Steglänge. Gemeinsam bändigen wir das Boot gegen den ablandigen Wind und ernten vom bislang skeptisch dreinblickenden und den größeren Teil des Anlegers beanspruchenden britischen Motoryachteigners anerkennenden (oder erleichterten?) Applaus. Genau hier haben wir ein halbes Coronajahr verbracht, und wir haben es geliebt.
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Natürlich werden wir schwach, mieten uns für drei Tage ein Auto, um ein paar unserer Lieblingsspots anzufahren und auf alten Pfaden zu wandeln. Und wir genießen es in vollen Zügen. Dass es nicht so einsam ist wie vor einem Jahr, versteht sich von selbst, tut aber unserem Gefühl von Vertrautheit und Verbundenheit keinen Abbruch.
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Die Stunden mit Chris and Cathy, die hingebungsvoll an ihrem schönen alten, derzeit aufgepallten Motorboot arbeiten, um bald wieder ins Wasser zu kommen und um die wundervolle Kleine cruisen zu können, waren wieder von britischem Humor geprägt und werden im Fach unvergesslich aufbewahrt.
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Die Gewissheit, ganz sicher wieder hier her zu kommen, gepaart mit der Vorfreude auf eine neue Insel, ein neues Land, eine neue Sprache, Kultur, Küche usw. machen uns den Abschied – nach immerhin drei Wochen – ein wenig leichter.
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1.Mai: Sardinien, wir machen Ernst, wir sind aufgebrochen. Tausendmal haben wir in den letzten drei Jahren getönt, wir wollen weiter ostwärts und sind – aus welchen guten Gründen auch immer – nur in Katalonien herum gekreiselt.
35 Stunden später versuchen wir in der angepeilten Bucht Porto Conte den Anker zu werfen, doch die Ankerwinde streikt. Möglicherweise habe ich beim letzten Ankerauf-Manöver in Mahon das Getriebe geschrottet. Jedenfalls lässt sich nichts auf die Schnelle reparieren. Also laufen wir nach Alghero ab, wo unser wunderbarer Freund Flavio bereits einen Platz an der kommunalen Pier, mitten in der Altstadt vor der alten Stadtmauer, reserviert hat. Dass man hier – wenn auch ohne Strom, Wasser und Duschen (haben wir alles an Bord) – fünf Tage kostenlos liegen darf, tröstet ein ganz klein wenig über das noch nicht geklärte Dilemma der streikenden Winde hinweg.
Aber zuerst freuen wir uns: ciao Sardegna!
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Menorca-Album
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