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Lieber in Cagliari als in Calgary

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Nein, wir haben kein kanadisches Winterlager gewählt. Während in Calgary durchschnittlich – 10 ° C herrschen ist es hier Gottseidank mehr als 20° wärmer. Das lässt sich also aushalten. Nur der übers kühle Wasser ankommende Wind wirkt ungemütlich, denn die Sonne ist überraschend kräftig und lädt auch im Januar an windgeschützten Plätzen zum kurzärmeligen Mittagswein im Freisitz ein. Und im Bötchen vermögen der kleine Ölradiator oder die Dieselheizung in Minutenschnelle die geringen Volumina auf kuschelige Temperaturen zu bringen. D.h. also: nix ist mit Winterschlaf. Besuche haben sich angekündigt, Mietwagen für Ausflüge sind gebucht, Verabredungen mit den Bootsnachbarn sind vereinbart.

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Cagliari ist mit etwa 150.000 Einwohnern die größte Stadt Sardiniens, die Hauptstadt, und bietet alles, was man von einer Stadt erwartet: Reges, auch studentisches Leben, unzählige Bars und Restaurants, wuselige Altstadtviertel, schattige mediterrane Plätze, eine über dem Zentrum thronende Festung, Konzerte, Ballett, Theater, Häfen und Marinas, Strände, Märkte, Botanischen Garten, archäologisch Interessantes bis 3500 Jahre zurück, und für die, die Platz für Neues in ihren Gemächern haben, ausreichend Möglichkeiten dafür Geld loszuwerden. Man müsste eigentlich nicht weg.

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Aber sowohl unsere Besucher als auch wir wollen natürlich auch das Landesinnere erkunden, und das hat viel zu bieten. Da Sardinien – zweitgrößte Insel des Mittelmeeres und aufgrund der strategisch günstigen Lage schon seit tausenden Jahren häufig wechselnden Herrschaften unterworfen war, sind natürlich Relikte aus den verschiedenen Perioden auf der gesamten Insel zu finden und laden zu Besichtigungen ein. Wenn man Zeit hat und mobil ist, locken Nuraghen; Felsen- und Gigantengräber, Menhire, heilige Brunnen von vor mehr als 3000 Jahrhunderten sowie Spuren phönizischer, punischer und römischer Herrschaftszeiten. Und alles eingebettet in eine atemberaubende immergrüne Landschaft zwischen traumhaft schönen Küsten und schroffen Gebirgen bis über 1800 Metern Höhe, zwischen kurzer Hose am Strand und Wanderstiefeln und Schlittenfahren.

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Nuraghen, Dolmen, Hinkelsteine

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Kurzum: Wir starteten mit einer von Anke fein ausgearbeiteten Sardinienkarte, übersäht mit Punkten für Sehenswertes, Wanderrouten, Übernachtungsmöglichkeiten und besonderen Hervorhebungen für die schönsten Straßen, Buchten, Dörfer, Wasserfälle, Aussichtspunkte.

Ob Tagesausflüge von Cagliari aus oder Reisen mit Übernachtungen im Lande. Es war immer eindrucksvoll und erlebnisreich, und immer kehrten wir zurück mit dem Wunsch und Gefühl bald wieder aufbrechen zu müssen, um mehr zu sehen und zu erfahren.

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Einige der Winter-Highlights muss ich jedoch herausstreichen:

Zuerst: Wir haben unsere Leipziger Freunde Kim und Claudia in ihrem Ferienturmhaus in Bosa besucht. Bosa ist womöglich das hübscheste Küstenstädtchen der Insel. Auf jeden Fall ist dort der beste nichtsardische Koch zugange, manchmal, in Ferienzeiten. Und nun sollte die seit sieben Jahren stetig steigende Vorfreude auf unser versprochenes Hochzeitsmenü ihre Erfüllung finden. Kim zauberte 9! unbeschreibliche und unvergessliche Gänge „dal mare“ in seiner Dachterrassenküche. Bei Meerblick auf den Sonnenuntergang über den Temo-Fluss, mit bestem lokalen Wein und Mirto, und vor allem in vorzüglicher Gesellschaft wünschten wir, der Tag möge noch 12 Stunden länger währen.

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Und der kommende Tag bot eine erste Einführung in sardische Karnevalstraditionen. Diese haben nichts mit Fasching, mit Pappnasen und Tschingderassabum zu tun, die sind nicht lustig oder juxig. Jedes Dorf hat seine eigene Art und Weise, sehr archaisch kostümiert, den unmittelbaren Bezug aufs Überleben in der rauen Natur, auf Leben und Tod, auf Armut, Entbehrungen und Leiden der Hirten zum Ausdruck zu bringen, mit unglaublichen Masken und Kostümierungen, Tänzen und Gesängen.

Allerdings bildet der „Carnevale Bosano“ tatsächlich eine Ausnahme. Der gesamte Ort scheint auf den Beinen zu sein, Weiblein und Männlein schwarz gewandet wie Klageweiber, mit präparierten Puppen mit Entstellungen eindeutig sexueller Art unterwegs und jeden in der Nähe lauthals klagend um Muttermilch für die versehrte Brut anflehend. Die Ironie ist offensichtlich, es herrscht Ausgelassenheit und Feierstimmung. Am Abend wechseln die Kostümierungen von schwarzen in weiße Gewänder, womit das Ende der Feier angezeigt wird.

Nachzulesen hier: https://www.palazzosapischedda.it/de/eventi-e-sagre/il-carnevale-bosano/

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Bosa-Album

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